„Ein klares Nein zu Unrecht und Menschenverachtung“
Ein „klares Nein zum Nationalsozialismus“ und „zu allem, was ungerecht, unmoralisch, menschenverachtend und barbarisch ist“, ist auch heute dringend nötig, und das Gedenken an den seliggesprochenen Kriegsdienstverweigerer und Märtyrer Franz Jägerstätter (1907-1943) kann dieses Nein unterstützen. Das unterstrich der Salzburger Weihbischof Hansjörg Hofer bei der Sternwallfahrt zum Gedenken an Franz Jägerstätter in St. Radegund (Oberösterreich). „Wer seinem Gewissen folgt, wird auch heute Frieden bringen“, so Hofer mit Blick auf die Kriege und Konflikte der Gegenwart.
Der Weihbischof erinnerte an die regelrechte Jubelstimmung, die bei der Seligsprechung Jägerstätters am 26. Oktober 2007 im Linzer Dom herrschte. Jägerstätters Gewissensentscheidung gegen den Wehrdienst sei lange Zeit verkannt, als naiv belächelt oder kritisiert worden. Mit der Seligsprechung habe die Kirche seine Haltung und seinen Weg „vom Rand in die Mitte gehoben“. Als Bauer, der ein einfaches Leben führte und auch um seine eigenen Fehler wusste, sei Jägerstätter „Seliger zum Anfassen“. Gleichzeitig habe er wie nur wenige damals die widergöttliche und widermenschliche Natur der NS-Herrschaft durchschaut. Das Denkmal in St. Radegund, das u.a. seine Worte „Besser die Hände gefesselt als der Wille“ trägt, sei ein Friedensdenkmal, sagte Hofer beim Abschlussgottesdienst zur Wallfahrt in der Pfarrkirche St. Radegund. Im Anschluss an die Messfeier wurde die große Jägerstätter-Friedensglocke auf dem Vorplatz der Kirche geläutet.
„Mit der Kraft der Verantwortung"
Den Auftakt der Wallfahrt, die jährlich von der Katholischen Männerbewegung Österreichs (KMBÖ) veranstaltet wird, bildete ein Treffen der Pilger beim ehemaligen Bauernhaus Jägerstätters, das heute eine Gedenkstätte ist. Andreas Schmoller, Leiter des Franz und Franziska Jägerstätter-Instituts an der Katholischen Privat-Universität Linz, sprach dabei zum diesjährigen Motto der Wallfahrt „Mit der Kraft der Verantwortung“. Er erinnerte an die Unterscheidung zwischen Gesinnungs- und Verantwortungsethik, die auf den Soziologen Max Weber zurückgeht; wobei erstere meint, seiner eigenen Überzeugung zu folgen, auch wenn sie negative Folgen zeitigt, und zweitere sich den Resultaten und Folgen einer Handlung orientiert und notfalls auch Entscheidungen gegen die eigene Überzeugung trifft.
Diese Unterscheidung greife bei Jägerstätter nicht, so Schmoller, denn er habe zum einen den Begriff der Verantwortung sehr hoch gehängt und habe kritisch gesehen, dass der Einzelne seine Verantwortung etwa für das Töten im Krieg nicht so einfach nach oben abschieben könne. Zum anderen habe Jägerstätter im Vorfeld seiner Entscheidung, den Wehrdienst zu verweigern, sehr viel mit anderen darüber geredet, nachgedacht, geschrieben und gebetet und sich die Folgen und Gegenargumente genau angesehen. Während heute eine Berufung auf das eigene Gewissen nicht selten leichtfertig oder oberflächlich erfolge, sei seine Gewissensentscheidung sehr wohl überlegt und stark von seiner christlichen Überzeugung getragen gewesen.
Der 20. Mai ist der Geburtstag Franz Jägerstätters, am 21. Mai wurde er getauft. Vor 80 Jahren, am 9. August 1943, wurde er in Berlin-Brandenburg hingerichtet. Zu seinem 80. Todestag finden eine Reihe von Gedenkveranstaltungen statt (Infos: www.dioezese-linz.at/jaegerstaetter )
(jp/21.5.2023)