„Suizidgefährdeten Personen mehr Aufmerksamkeit widmen“
Zu mehr Aufmerksamkeit für suizidgefährdete Mitmenschen ruft die Katholische Männerbewegung Österreich (KMBÖ) aus Anlass der Internationalen Männertages am 19. November auf. Dieser Tag ist heuer dem Problem der Selbsttötung und möglichen Maßnahmen dagegen gewidmet. In Österreich sind seit 2021 die Suizidraten wieder gestiegen, nachdem sie rund drei Jahrzehnte gesunken waren (bis auf 1.072 Fälle im Jahr 2020). 2022 nahmen sich 1.276 Personen das Leben, 966 davon waren Männer, 310 Frauen. „Jede Selbsttötung ist eine zu viel, ob nun ein Mann oder eine Frau in Verzweiflung sich zu diesem vermeintlich letzten Ausweg genötigt gesehen hat. Am Internationalen Tag des Mannes heuer wollen wir in den Blick nehmen, warum gerade unter Männern die Suizidrate derart hoch ist“, so KMBÖ-Vorsitzender Ernest Theußl.
„Jeder einzelne Fall von Selbsttötung ist für die Angehörigen eine große Belastung und löst in seiner engeren und weiteren Umgebung tiefe Betroffenheit aus. Als Katholische Männerbewegung rufen wir mit Nachdruck dazu auf, dieses Thema nicht zu tabuisieren und gefährdeten Mitmenschen mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Einem Suizid gehen oft leise und getarnte Hilferufe voraus; wenn sie nicht gehört werden, führt dies zu weiterer mentaler Selbstisolation der Betroffenen und sie sehen ihre Lebensaussichten immer weiter eingeengt. Wir ermuntern und ermutigen dazu, Anzeichen von Depression, fehlendem Lebensmut oder zunehmender Selbstaggression bei unseren Mitmenschen sensibler wahrzunehmen, Gespräch und Gemeinschaft zu suchen und zu fördern und niemanden, der eigentlich schon längst unserer Hilfe bedürfte, mit seinen Problemen allein zu lassen“, unterstreicht Theußl.
„Die Kirche hat in den vergangenen Jahrzehnten ihre moraltheologische Bewertung des Suizids Gott sei Dank geändert. Sie spricht nicht mehr von ‚Selbstmord‘ oder ‚Freitod‘ und von Sünde und Schuld. Sie anerkennt stattdessen die Erkenntnisse aus Psychologie und Medizin und sieht im Suizid einen letzten, verzweifelten Ausdruck von Krankheit, Leid, unfreiwilliger Einengung der Lebensperspektive oder Sinnleere“, so der KMBÖ-Vorsitzende. „Und psychische Kranke brauchen professionelle medizinische, psychiatrische oder psychotherapeutische Hilfe und nicht den moralischen Zeigefinger.“
„Als Christen, als Menschen mit religiöser Weltanschauung, sind wir dennoch überzeugt, dass unser Glaube eine wichtige Stütze in allen Lebenslagen sein kann. Die Botschaft der Bibel, die uns von Gott und seiner alle Grenzen sprengenden Liebe erzählt, kann uns tragen und unserem Leben Sinn und Mut geben. Wenn der Psalmist betet: ‚Du schaffst meinen Schritten weiten Raum‘, dann vermittelt dieses Bild genau das Gegenteil von dem Bild, in dem sich Suizidgefährdete meist sehen: ‚Ich kann nicht mehr weiter, es gibt keinen Weg mehr für mich.‘ In diesem Sinn ermuntern wir alle, die in sich den Gedanken aufsteigen sehen, ihr Leben selbst zu beenden: Suchen Sie Hilfe! Es gibt eine Reihe von Notrufnummern und Beratungseinrichtungen. Die christlichen Kirchen in Österreich etwa bieten gemeinsam Hilfe an über die Telefonseelsorge unter der Notrufnummer 142.“
Der Internationale Tag des Mannes am 19. November wurde 1999 als „International Men’s Day“ zunächst in Tobago und Trinidad ausgerufen und sich hat sich seither in viele Länder der Erde ausgebreitet. Er sollte spezifische Aspekte der männlichen Lebenswelt in den Blick nehmen und der Öffentlichkeit ins Bewusstsein rücken, u.a. die körperliche und psychische Gesundheit. In einer Reihe von Ländern wird zusätzlich der 3. November als „Weltmännertag“ gefeiert, und seit einigen Jahren wird der gesamte Monat November an vielen Orten zum „Movember“ – einer Wortschöpfung aus „Moustache“ (Schnurrbart) und „November“; dabei lassen sich viele Männer einen Schnurrbart wachsen, um auf die besonderen Gesundheitsrisiken von Männern aufmerksam zu machen.
(jp/10.11.2023)